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Einst wütete im Dorf Karneid die leidige Pest. Der Ritter auf Schloss Karneid war tief betrübt. In großer Angst warf er sich nieder und sandte ein Gebet zum Herrn empor. Er schwor, dass er mit seinem ganzen Haus, Knappen, Dienern und Mägden jedes Jahr um diese Zeit eine Wallfahrt nach Maria Weissenstein unternehmen würde, wenn der Herr ihn nur verschonen würde. Und siehe da! Seine Bitte wurde erhört.
Die Seuche wütete noch lange Wochen in der Gegend, aber Schloss Karneid blieb verschont. Ein Jahr war vorüber und eine gute Ernte hatte der Not ein Ende bereitet.

Nur auf Schloss Karneid hatte sich das Blatt gewendet. Der Ritter von Karneid hatte ein Jahr in Saus und Braus gelebt ohne auch nur einmal an die Erfüllung seines Schwures zu denken. Unten im Tal lebte man in Heiterkeit und Frohsinn, während auf Schloss Karneid nun die Pest eingezogen war.
Was der Ritter zu Lebzeiten versprochen hatte, musste er nun im Tod vollbringen. Jedes Jahr wenn die Trauben sich zu färben beginnen, öffnen sich zu Mitternacht die Tore der Schlosskapelle Karneid. Es erscheint ein dunkler Zug mit Kreuz und Stangen, Fahnen und Kerzen, allen voraus ein grausiges Gerippe auf einem Pferd und zuletzt die gebeugte Gestalt des Ritters im Leichengewand. Der Geisterzug folgt dem schmalen Schlossweg, schwebt empor und verschwindet in Richtung Maria Weissenstein.
 

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