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Auf einem Bauernhof in Unter Völs lebte einst ein frommes Mädchen, das jeden Tag die Messe in der Dorfkirche besuchte. Weil aber der Hof weit von der Kirche entfernt war, musste sie immer sehr früh vor Sonnenaufgang aufstehen um rechtzeitig zur Arbeit zu kommen.

 

Eines Nachts wachte sie im Dunkeln auf, glaubte die Glocke zur Frühmesse läuten zu hören und sprang eilig aus dem Bett, um nicht zu spät zu kommen. Als sie die Kirche erreichte, war es noch dunkel, die Tür stand offen, und es war niemand im Inneren zu sehen. "Besser zu früh als zu spät", dachte sie und kniete sich in eine Kirchenbank, um zu beten. Plötzlich war es ihr, als ob sie mehrere Menschen hinter sich im Dunkeln beten hörte, mit leisen Stimmen murmeln. Sie schaute um sich, sah aber niemanden. Plötzlich schlug die Kirchenuhr Mitternacht und sie spürte, wie etwas in der Dunkelheit an ihrem Ärmel zerrte. Das Mädchen sah sich erschrocken um und erblickte im Schein einer Kirchenlampe das Gesicht ihres geliebten Großvaters, der im Jahr zuvor gestorben war. Das Mädchen zitterte vor Angst, und als der Geist dies bemerkte, sagte er freundlich: "Annie, du brauchst keine Angst zu haben, aber du musst jetzt die Kirche verlassen, denn die Nacht gehört uns Geistern. Bevor du zur Tür kommst, lass etwas als Opfergabe zurück, dann wird dir auch nichts passieren. Im nächsten Moment sah das verängstigte Mädchen, wie sich der Boden neben ihr in der Kirche öffnete und Geister aus den Gewölben darunter aufstiegen. Sie warf ihren Schal auf den Boden und rannte aus der Kirche den Weg hinunter und nach Hause ohne sich umzudrehen.

 

Am nächsten Morgen fand der Priester ihr Tuch in tausend Stücke zerrissen auf dem Boden der Kirche in der Form eines Kreuzes ausgelegt. 

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